Dieser legendäre Werbespot für jene „Zuckerwaffe“ passte hervorragend in mein Lebensgefühl Anfang der Neunziger. Inmitten meiner Pubertät, in der ich mehrheitlich mit der eigenen Revolution beschäftigt war, bestimmte das Maoam-Syndrom mein Handeln. Die einzelnen Symptome die sich dahinter verbergen, sind individuell gewichtet, die wichtigsten erkennbaren sind: 1. Wir sind dagegen 2. Wir wissen genau, was wir nicht wollen. 3. Wir sehen nur was wir wollen 4. Schuld sind die anderen 5. Gegen die Unzufriedenheit lassen wir uns gerne betäuben (Konsum & Drogen aller Art, etc.)
Jedoch war bei mir der oberste Grundsatz, der Widerstand, gegen alles was um mich herum geschah. Im Detail war es die Kirche, die CSU und die „scheinheilige & spießige“ Familie & Nachbarschaft. Überlebt haben es Gott sei Dank alle, mit mehr oder minder Narben aus dieser Zeit. Jetzt könnte man diese 2. Trotzphase mit der Botschaft „ist nun mal wichtig zur Selbstfindung“ betiteln und abhaken, aber mich beschleicht das Gefühl das „Maoam-Gefühl“ breitet sich in unserer Gesellschaft wieder vermehrt aus, hat es mich auch wieder erwischt?
Während der Sturm-und-Drang-Zeit kann man solche Denkwirrungen noch vertreten, aber auch Mitte der Zwanziger war ich noch der Meinung, ein Anti-Atomkraft-Aufkleber würde uns weiterbringen. Wer sein Ziel und sich selbst nicht kennt, kann nicht ankommen! Dieser Satz war mein neues Mantra und Schwupps musste ich aufpassen, dass ich mit 30 nicht völlig stur auf meiner Zieleautobahn wie eine Wahnsinnige von einem Ziel zum nächsten steuerte, die Leistungsgesellschaft lässt grüßen. Zwei extreme Pole, zwischen denen ich gependelt bin, die Frage ist nur, verweile ich jetzt stets in der Mitte?
Zurück in die Gegenwart, woher kommt mein Verdacht das wir unser „Wir sind dagegen, finde ich doof, ist völlig falsch“ in alle (Medien)Kanäle zu möglichst vielen Themen schleudern? Egal ob in der Mittagspause im Kollegenkreis oder ein Abend mit Freunden, die Vielzahl von Themen die wir in einer Stunde abhandeln, in der man weltmännisch innerhalb von Minuten vom Fachmann für erneuerbare Energien zum Russland-Sonderbotschafter wird und ohne mit der Wimper zu zucken, 5 Minuten später zum Experten für Evolutionspsychologie mutiert, lässt mich vermuten, das Ego gepaart mit Dr. Google ist die heimliche Macht.
Wir gackern, mosern, twittern, liken & werten um die Wette, was früher den vergrämten „Dorftratschen“ zugeschrieben wurde, deren Erkenntnisse man selbst meist mit einem Kopfschütteln überhörte, oder war man selbst bei guter Laune fütterte man diese Klientel mit noch groteskeren Informationen, um sich später darüber zu amüsieren. Der Unterschied zu heute, es war ein geringer Anteil in der Bevölkerung aber noch wichtiger jeder wusste die „Damen und Herren“ dieser Zunft einzuschätzen, was wäre wohl passiert hätte es damals schon WhatsApp & Facebook gegeben ?
Was würden wir tun, hätten wir Putin oder Trump oder unsere „Mutti“ mal als Gegenüber beim Kaffeeklatsch sitzen, würden wir uns trauen genau den Wortlaut zu wählen, denn wir im Alltag so vor uns hinausposaunen, in den sozialen Kommentaren oder auch im Gespräch mit Freunden ? Es ist doch eigentlich wahnsinnig über Menschen zu urteilen die man persönlich noch nie kennengelernt hat, über Länder die wir noch nie bereist (ich spreche nicht von Urlaub) haben und Themen zu „experten“ die wir nur via einer Kurzzusammenfassung von Wikipedia kennen. Je mehr wir uns mit Problemen beschäftigen die wir nicht ändern können, umso ohnmächtiger & unzufriedener fühlen wir uns.
Ab morgen werde ich sorgsam auf mich achten und ein Auge auf mein in mir wohnendes gackerndes Teilzeithuhn werfen, das seine Meinung wild in alle Richtungen wirft und zur Hysterie neigt. Ich werde einen Hausputz im Kopf halten, der zuständig ist für die Verarbeitung & Speicherung von Informationen, die Medienflut weiter eindämmen und mir mal mutig gönnen, keine Meinung zu haben! Dafür erhoffe ich mir Klarheit im Denken und mehr Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens, vor allem für jene schönen Momente aber auch Hürden die ich aktiv erleben oder ggf. meistern werde, das bringt Zufriedenheit.
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